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2656 Kilometer - Durch das Eiserne Tor.

Was wäre ein Leben ohne Börek

2. Klappe in Serbien

Wie sich schon vorher anbahnte und in Belgrad und der restlichen Zeit in Serbien als Tatsache erwies: Börek und eine ordentliche Dosis Trink-Joghurt dazu sind nicht als Mahlzeit zu toppen. Ob zum Frühstück, Mittag- oder Abendessen und in welcher Variation auch immer - jedes Mal ist es ein Gaumenschmaus. Und so wurde unsere einstige Dosenfisch-Sucht durch den täglichen Konsum von feinsten frischen Börek´s ersetzt!

 

Belgrad: Auszeit im Schwimmenden Zuhause

Die Donau führte uns mal wieder in eine Bundeshauptstadt - nach Wien, Bratislava und Budapest war Belgrad nun schon die Vierte! Wir durften für mehrere Nächte in einem schwimmenden Zuhause hausen. Ein Hostel in Form eines Hausbootes, mit so viel Kreativität gestaltet, dass sogar jedes Zimmer individuell bemalt erstrahlt.

Da sich unser Leben im Normalfall den gesamten Tag draußen, auf der Straße, unter Beobachtung, unter freiem Himmel und in der Nacht versteckt abspielt, merken wir mehr und mehr, wie besonders und wertvoll solche Abschnitte zur Erholung sind. Und ein besseres Plätzchen als ein Hausboot am Rande der Stadt mit gemütlicher Terrasse direkt über dem Wasser und entspannten Menschen hätte uns da gar nicht über den Weg laufen können... Statt Belgrad anzuschauen, hätten wir auch die gesamte Zeit dort verbringen können. 

 

Nichts desto Trotz haben wir uns dann und wann aufgemacht, sind durch die Stadt gezogen und haben entdeckt, wie viele Kneipen diese Stadt zu bieten hat! Der Hammer. Wir vermuten, dass man über Wochen jeden Tag auf Kneipentour gehen kann und trotzdem jedes Mal wieder eine neue herrliche Bar entdeckt. Das macht die Stadt schon schwer lebenswert.

In einem Buchladen haben wir Paul kennengelernt, der für ein Jahr Freiwilligendienst in Belgrad wohnt. Mit ihm haben wir uns direkt aufgemacht und es war schön mal wieder einfach durch die Gassen zu ziehen und eine richtige Kumpel-Zeit zu verbringen. Er hat uns an Orte geführt, die wir alleine im Leben niemals gefunden hätten. Überragender Abend. Danke Dir!

 

Außerdem haben wir die kommende Etappe geplant. Denn zwei Wochen später würden Tine´s Eltern zu ihrem Geburtstag als erste Gäste zu unserer Tour stoßen. So warteten ab Belgrad 800 zu bestehende Kilometer durch das restliche Serbien, Rumänien und bis nach Bulgarien auf uns. Können wir zwei gemütlichen Radler-Seelen das schaffen?

Deshalb sortierten wir auch nochmal ordentlich in unserem Gepäck aus - das war ja kein Zustand so - und sendeten eine ordentliche Kiste mit Habseligkeiten zurück nach Deutschland. Dass dies so kompliziert werden würde, konnte ja keiner ahnen. Doch Serbien ist ja nicht Teil der EU und so wurden unsere Sachen aufs Gründlichste durchsucht und der Aufenthalt in der Poststation dauerte sage und schreibe zwei Stunden!

 

Nette Beobachtung in Belgrad:

Auf einem Platz mitten in der Stadt befand sich eine riesige Traube Männer von kleinen Jungs bis zu alten Herren.

Und was taten sie da, während sie so angeregt diskutierten?

Sie tauschten tatsächlich Fußball-Sticker, denn die WM stand vor der Türe.

Wie lieb ist das denn, dass sich Jung und Alt trifft und fleißig um Klebebilder feilscht?!

 

Serbisches Hinterland

Ab dem Verlassen von Belgrad wurde das Radeln in manchen Abschnitten zunehmend zu einer Qual - zu Besuch auf dem Seitenstreifen auf vierspurigen Straßen, bei Regenschauern neben den LKW´s, überall selbst ernannte Müllhalden und immer wieder der Dunst von Verwesung in der Nase, da alle paar Kilometer ein tot gefahrenes Tier auf der Straße lag, das nicht weggeräumt wurde (ob Vogel, Hund, Igel, Katze, Fuchs oder Schlange). Obendrein durchquerten wir mehrere Dörfer, die übersät waren mit Kraftwerken und Raffinerien - was aus den Schornsteinen puffte, war abartig und wir wollten gar nicht mehr atmen bei all den gelben Rauchzeichen um uns herum...

Bald darauf machten wir trotz allem wieder eine unvergessliche Bekanntschaft, als wir auf einem Sportplatz um einen Schlafplatz mit unserem Zelt bitten wollten. Plötzlich saßen wir mitten im Trubel am Esstisch bei einer Familie mit sieben Kindern (1 bis 18 Jahre), die beim Sportplatz wohnten. Wir bauten gemeinsam mit den Kids das Zelt auf, musizierten, spielten und verstanden die Welt nicht mehr, als immer wieder ein weiteres Kind auftauchte. 

 

Am Morgen saßen Tommi und ich auf einer Treppe und putzten uns die Zähne. Eins nach dem anderen kamen die Kinder, um nach ihrem Besuch Ausschau zu halten... Da standen sie alle vor uns - mit offenen Mündern - und staunten ungläubig, was um alles in der Welt hier vor sich ging. 

 

Wir wurden daraufhin von der Mama bekocht, was einerseits sehr lieb war, für unsere strapazierten Bäuche jedoch eine Qual. Doch es hilft ja nix! Da mussten wir nun durch. Die Kinder schafften es dann tatsächlich uns zu überreden, und wir blieben eine weitere Nacht. Den ganzen Tag verbrachten wir mit Gartenarbeit, pflügten ein gesamtes Feld um, bauten ein Gewächshaus auf und bepflanzten es komplett. Wir pflückten fast 30 Kilo Kirschen und wurden immerzu mit türkischem Kaffee und feinem Essen versorgt. Zur Feier des Tages schob die Mama am Abend dann ein ganzes Huhn für uns ins Rohr! 

 

Es folgten mehrere unspektakuläre Radl-Tage mit krampfigen Bäuchen, unerträglicher Hitze und Verwesungsgeruch in der Nase. Wir durchquerten wüstenähnliche Landschaft, mehrere Tierherden, bis wir schließlich an einem riesigen Donaubecken ankamen, das große Ereignisse einläuten sollte...

 

Zwei Tage Donauenge und Bergsicht

Die Zeit der Gewitter wurde eingeläutet! Jeden Tag dürfen wir seit dem eines erleben. Sehr unpraktisch, wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist...

Wir befanden uns rechtsseitig der Donau, auf der linken Uferseite erstreckt sich bereits Rumänien. So durchquerten wir die zweite enge Passage der Donau auf serbischer Seite. Diese sonst so monströse Donau zwängt sich hier mit einer Breite von nur 150 Metern und bei hohem Wasserstand bis zu 80 Metern Wassertiefe durch den Fels. Bis im Jahr 1972 am Ende dieser Enge eine Staustufe gebaut wurde, war dies eine für die Schifffahrt so gefährliche Stelle, dass Schiffe nur durch eine Lokomotive gezogen diese Passage durchqueren durften. 

So spektakulär war die Donau auch tatsächlich noch nie gewesen. Schroffe Felsen rahmten den Flusslauf ein und wir wurden mit unseren Drahteseln Teil der Küstenstraße und kleideten uns höchst attraktiv mit Warnwesten. Neben uns wurden Autorennen veranstaltet, wir mussten unbeleuchtete Tunnel durchqueren, die alles Licht zu verschlucken schienen, und viele Höhenmeter bezwingen. Doch die atemberaubende Landschaft entschädigte uns!

Die unglaubliche Freundlichkeit, die in Serbien auf offener Straße herrschte, werden wir echt vermissen! Wir fühlten uns pudelwohl, jeder grüßte, winkte wild und strahlte uns entgegen. Ein Hoch auf Serbien!