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1127 Kilometer - Jausen, Hackeln, Vogelhaus.

Ein Mal Bauernhof zum Mitmachen, bitte.

„Schaf und Biene“ in Niederösterreich

Das erste Projekt, in dem wir für Kost und Logis mitarbeiten wollten, stand vor der Türe. Auf der Reise wollen wir ja in Abständen immer mal wieder entweder bei landwirtschaftlichen oder sozialen Institutionen mitarbeiten. In Österreich wollten wir mit einem Bauernhof beginnen. Über den Bauernhof selbst kannst Du hier nachlesen.

 

...Und wir durften kommen! Darüber freuten wir uns schon vor der Reise. Zu diesem wunderbar klingenden Bauernhof der jungen Familie mit Schafen & Bienen und einem Zuhause für uns zwei Reisenden, das wie ein Vogelhaus aussehen sollte, um dort für einige Zeit mitzuarbeiten. Dass es dann so toll werden würde. Wir genießen es voll und ganz hier.

Mona und die drei Kinder (5, 9 und 13 Jahre) begrüßten uns herzlich, als wir laut klingelnd angeradelt kamen. Gemeinsam zeigten sie uns genauso aufgeregt wie wir es waren ihr Haus, den Garten, die Baumschule, stellten uns den Schafen und Babykatzen vor und präsentierten uns letztlich die schnuckelige Vogelwarte, in die wir für die nächsten zweieinhalb Wochen einziehen durften. Vier Stockwerke zählt unser neues kleines Zuhause. Ganz unten stehen unsere Fahrräder, im Stock darüber haben wir unser gesamtes Gepäck ausgebreitet. Unsere eigentliche Wohnung folgt in der Etage 3: eine hölzerne und wunderbar schnuckelige Stube, die mit zwei Sesseln, Schreibtisch und Ofen einen urgemütlichen Ort darstellt. Ganz oben in der Dachspitze ist unser Schlafzimmer mit Blick auf die Wälder und Felder in der Umgebung und den Sonnenaufgang am frühen Morgen. Zwischen den Stockwerken verkehren wir mit Leitern. Mit den insgesamt drei Leitern vom Dach bis zum Garten ist die zu überwindende Hürde den nächtlichen Toilettengang anzutreten gegenüber der Situation im Zelt keineswegs gesunken. Doch spätestens nachdem wir auch der letzten Spinnen erklärt hatten, dass wir nun hier einziehen werden, fühlten wir uns pudelwohl!
Auch das Haus der Familie ist ein groß wachsender Schmuckkasten, da Heinz mit großer Leidenschaft Möbel restauriert. Überall schmücken kleine Details das Haus und der schmucke Holzherd sorgt für Wärme im ganzen Haus (einschließlich warmem Wasser).
Alle Familienmitglieder machten uns das Ankommen so was von einfach in der mit uns kurzfristig 7-köpfigen Familie zu Hause zu sein, da alle so herzlich und das ganze Beisammensein so entspannt war. Und es war so schön Teil einer trubeligen Familie zu sein!
Und genug zu helfen gab es auch. Der Hof hat eine kleine Baumschule mit veredelten Bio-Obstbäumen, eine Brillenschafzucht und eine Imkerei. Nebenbei bauen sie gerade noch am Haus einen Neubau an, um zusätzlich Platz für die Honig-Verarbeitung zu gewinnen. Zu den gesamten Aufgaben im Frühjahr ist der Bau nun ein Master-Projekt. Und so verging die erste Woche wie im Flug – und wir waren voll eingespannt ins Hof- und Familienleben.

Zu unserer Routine hier: Jeder Tag beginnt mit gemütlichem Aufstehen, dem Weg zum Haus durch die Baumschule, am Glashaus und dem Hochbeet mit Salat- und Gemüseanbau vorbei, entlang des Stalls, wo die Babykatzen und einige Schafe wohnen, und dann durch den Garten zur Terrasse. Dort folgt erstmal ein gemütliches Frühstück mit Heinz und ausgiebig Kaffee. Dann wird gearbeitet bis Mona am Mittag ruft: „Esse komme!“ Jedes Mal gibt es wunderbares warmes Essen und es ist herrlich sich gar nicht ums Essen kümmern zu müssen. Wenn man bekocht wird, schmeckt es doch immer besser! Ein wichtiges Ritual haben wir hierbei etabliert - täglich nach dem Mittagessen und bestenfalls auch am Spätnachmittag gemeinsam den ein oder anderen weiteren Kaffee genießen. Denn mit Heinz und vor allem Mona, sind wir bei zwei ebenwürdigen Kaffeeliebhabern gelandet. Das gleiche Spiel am Nachmittag – wir arbeiten bzw. „hackeln“ entspannt bis der Feierabend wiederum lautstark von Mona mit „Jause komme!“ eingeleitet wird. Man bemerke – eine neue regionale Zeitrechnung beginnt: Das Vesper heißt nun auch nicht mehr Brotzeit, sondern „Jause“. Prinzipiell haben wir hier schon mit einigen kleinen und auch größeren Sprachbarrieren zu kämpfen. Die ganze Familie übt sich nun darin „nach der Schrift“ zu sprechen, weil Tommi und ich sonst des Öfteren da stehen und wie Autos schauen, weil wir aus dem Schwall an Worten nicht schlau werden. Schon einige witzige Situationen sind hierbei entstanden.

Am ersten Tag gingen wir direkt mit Mona zum „Schupfen“ (deren Schopf außerhalb des Dorfes, wo die große Schafsherde wohnt), um dort Bienenkästen von Dreck und darin wohnenden möglichen Krankheiten zu säubern, um sie erneut nutzen zu können. Säubern bedeutet – alten Honig, Wachs und Wachsmotten abkratzen und im letzten Schritt abflämmen. Dort haben wir auch das erste Mal die Schafe besucht. Die Herde wird von Lisa, einem richtigen Oma-Schaf angeleitet. Neben ihr wohnen dort der Zuchtwidder Käpt´n Kirk und die restliche Schafsherde mit den überaus süßen „Lamperl“, die wie wild durcheinander hüpfen, wenn sie auf die Weide dürfen.

Tommi fing dann am ersten Mittag direkt mit seiner Wochenarbeit an – auf der Baustelle mit Heinz vorankommen. Der Rahmen des Fundaments für den Anbau musste abgestützt, Kies und Sand verladen, Nägel geschlagen und verschlagen werden.

Tines Wochenarbeit bestand aus der Bearbeitung der Bienenkisten. Die Rahmen bzw. „Rahmerl“, mit welchen die Kisten gefüllt und die dann von den Bienen ausgebaut werden, mussten die Prozedur des Abkratzens und Abflämmens ebenfalls durchlaufen. Außerdem fanden die Kids das Hausaufgaben machen mit Tine als gelungene Abwechslung und so sprang Tine von den „Rahmerl“, zu den Hausaufgaben, auf die Baumschule zum Gießen und wieder zurück. Jeder Tag ging folglich immer richtig lange, da wir ja nebenbei auch noch fleißig schaukeln mussten, die Babykatzen bestaunen, Lagerfeuer machen, Zeit mit den Kids verbrachten und Familienalltag lebten, und so fielen wir nach der abendlichen Dusche schnell ins Bett. Natürlich in unserem schnuckeligen Vogelhaus.

Zeit zum Feierabend-Bier und Philosophieren, wie die Lüftungsrohre wohl am Besten verlaufen würden, war dennoch. Genauso, wie unsere Bilder der bisherigen Reise zu zeigen oder ein wenig Ukulele zu spielen.

Nach einer vollbepackten Woche konnte das Wochenende also guten Gewissens eingeleitet werden. Und dazu haben wir einen grandiosen Tipp und zu unserer Überraschung noch reichlich Grillgut von Mona bekommen. Die Pielach, ein idyllischer kleiner Fluss in der Nähe, wird durch ein kleines Naturschutzgebiet gesäumt, auf dem Pferde frei herumlaufen und Sandbänke zum Liegen und Grillen einladen. Und so radelten wir dorthin. Zu Tines Glück gab es benachbart des Flusses noch zwei Badeseen, die natürlich erst einmal getestet wurden. Zumindest von einem von uns. Und dann genossen wir die Pielach, die Sonne, den Schatten, das Grillen, das gute Bier und das Lagefeuer in vollen Zügen. Auch den nächsten Tag verbrachten wir dort – gefolgt von der ganzen Familie. Es war schön alle mal außerhalb des Hofes zu erleben, Karten zu spielen, schwimmen zu üben, Blumen zu pflücken und österreichische Köstlichkeiten zu probieren.

In der zweiten Woche war Tine weiterhin mit dem nicht kleiner werdenden Berg an „Rahmerl“ beschäftigt. Tommi verausgabte sich auf der Baustelle, denn am Mittwoch stand ein großer Meilenstein an: Es wurde der Boden betoniert. Und das mit gesammelter Mannschaft. Ein mehr als gelungenes Ereignis war das. Mona und Tine (im Ganzkörper-Blaumann) hatten beim Einfüllen und Verteilen des Betons, der mit Mischwägen angeliefert und vom Pumpwagen zur Baustellt gepumpt wurde, den Spaß ihres Lebens. Heinz und Tommi verteilten alles genau und bedienten den Rüttler. Sie waren dabei mächtig stolz, dass alles hielt und sich die vorherige Arbeit so gelohnt hatte.

 

 

 

Nachdem wir die „Rahmerl“ nun tatsächlich fertigstellten, wurden wir auch noch in die Arbeit auf der Baumschule eingeführt. Wir hackten die Beete und befreiten sie von Unkraut, um am Nachmittag alles mit Stroh zu bedecken. Auf diese Weise kann die Feuchtigkeit besser im Boden gespeichert werden. Was man nicht so alles tut für ein kleines Bäumchen, das so unscheinbar wirkt. Hier wurde uns erst bewusst, wie viel Arbeit in einem kleinen Baum steckt, den man im Baumarkt schon für 30 Euro überteuert empfinden könnte. So viel Liebe und Geduld und vor allem auch Zeit (3-4 Jahre), wie hier in eine einzige Pflanze gesteckt wird – da ändert sich der Blickwinkel doch schlagartig.

Nun sind die letzten Tage angebrochen, bevor wir uns weiter nach Wien aufmachen. Eine der Schafsdamen ist in höchstem Maße trächtig und wir warten jeden Tag darauf, ob es nicht vielleicht doch noch los geht... Es bleibt also spannend – aber das ist es wohl immer auf einem Hof.

 

 

Zusammenfassend können wir sagen, dass uns die Zeit hier mal wieder ganz schön viel Bewusstsein geschenkt hat, wie viele kleine Arbeitsschritte hinter einem einzigen Produkt stehen, das man unwissend im Supermarkt vorrangig nach dem Preis beurteilt.

Man könnte unseren Aufenthalt hier als Fortsetzung zur weisen „Sendung mit der Maus“ zum Anfassen sehen und wir sind Mona & Heinz mächtig dankbar, dass sie uns mit so viel Geduld so viele Arbeitsschritte erklärt und gezeigt haben.

Mit den Kids war es einfach nur herrlich lustig und wir haben es richtig genießen können zwischen unserem Radl-Alltag mal wieder ein wenig Familienluft schnuppern zu dürfen.

Ihr werdet uns fehlen.

 



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